LG.Philips Displays in Europa vor dem Aus

Im Juli 2001 feierten der niederländische Elektrokonzern Royal Philips und das südkoreanische Branchenunternehmen LG Electronics ihr gemeinsames Unternehmen LG.Philips Displays als Highlight in der Geschichte der Kathodenstrahlröhren für Fernsehbildschirme und Computermonitore. Die Mütter brachten ihre jeweiligen Stärken in Produktion, Entwicklung, Marketing und Marktpräsenz in das Hongkonger Joint-Venture ein, um "bessere Bildschirme in jeden Winkel der Welt zu liefern", hieß es. Dazu gehörten damals u.a. die inzwischen stillgelegte Bildröhrenfabrik Aachen und die vor dem Aus stehende Gasfabrik Aachen als Teil eines weltumspannenden Produktionsverbundes mit rund 36000 Mitarbeitern und knapp sechs Milliarden US-Dollar Umsatz.

Der Weltmarktführer stampfte sogar noch 2002, angelockt durch Millionen-Subventionen, in Hranice/Tschechien ein klassisches Bildschirmröhrenwerk aus dem Boden. Die Röhrenfabrik Aachen blieb mit seinerzeit fast 1000 Mitarbeitern bis Mitte 2004 in Betrieb, dann wurde die Produktion nach Hranice mit heute knapp 1300 Beschäftigten ausgelagert. Das tschechische Werk steht jetzt ebenfalls vor dem Aus.

Im Dezember 2005 hatte Mutter Philips einen dicken Schlussstrich unter das Kapitel Kathodenstrahlröhre gezogen: Die Niederländer schrieben den Restwert ihrer Hongkong Beteiligung und Kredite an de Halbtochter ab. Philips drehte LG.Philips Displays den Geldhahn zu. Offizieller Grund: Ein scharfer Einbruch der Nachfrage und die immer härtere Verdrängungskonkurrenz durch LCD- und Plasma-Bildschirme vor allem in Europa. Gute vier Wochen später zog auch die europäische LG.Philips Displays Holding die Notbremse. Wegen des "rapiden Rückgangs der Nachfrage nach Kathodenstrahlröhren für Fernsehgeräte" und "wegen der unhaltbaren Verschuldung der Holding sowie ihrer deutschen und niederländischen Niederlassungen" wurden die Werke in Eindhoven (Montage) mit 350 und Aachen (Bildschirmglas) mit knapp 400 Mitarbeitern geschlossen - im Zuge einer Insolvenz. Zuvor hatten Finanzverhandlungen der Hongkonger Zentrale mit dem Mutterkonzerne Philips und LG Electronics kein Ergebnis erbracht. Unklar ist noch das Schicksal der Werke in Frankreich, den USA, Tschechien, Slowakei und in Mexiko. In Sicherheit können sich z.Z. die Standorte in Brasilien, China, Indonesien, Korea, Polen und auch in Großbritannien wiegen. Denn LG.Philips Displays verzeichnet nach eigenen Angaben weltweit eine immer noch starke Nachfrage nach der klassischen Bildröhre, vor allem in Schellenländern wie etwa China.

Doch für den europäischen Markt setzt LG Electronics auf LCD-Bildschirme. In der Nähe von Wroclaw/Polen (Breslau) plant der koreanische Konzern für 101 Millionen Euro eine Produktionsstätte, die neben Kühlschränken und Waschmaschinen 3,5 Millionen LCD-Fernseher jährlich ab 2007 aussstoßen soll. Der Neubau bedeutet die Schaffung von etwa 5000 Arbeitsplätzen, als polnische Zugabe gibt es staatliche Finanzhilfen und Steuererleichterungen. Im polnischen Mlawa stellt LG bereits seit 1999 LCD- und Plasma-Geräte her. Erst im Oktober 2005 wurde die Fertigung erweitert.

(Aachener Zeitung vom 01.Februar 2006 , gep.)